Ausschnitte aus dem Artikel im BA vom 26.6.2023:
"Das dritte OpernAir im Fürstenlager war ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk aus klassischer Musik und monumentaler Kulisse. Mit rund 1800 Gästen hatte die Großveranstaltung im Auerbacher Staatspark die Erwartungen der Organisatoren am Samstagabend übertroffen. Viele Gäste kamen frühzeitig auf das Konzertareal an der Herrenwiese, um sich bei dieser Freiluftgala ein feines Plätzchen für den perfekten Hörgenuss zu sichern...
Die ausgesuchten Klassik-Perlen harmoniertenwunderbar mit der kultur- und kunsthistorischen Aura des Parkensembles, so dassman die lose Konzertreihe in dieser Premium-Location spätestens jetzt als einender musikalischen Höhepunkte im regionalen Kulturkalender bezeichnen muss.Nicht zuletzt auch deshalb, weil zu diesem Anlass verschiedene Akteure aus derlokalen Kulturszene sehr eng und konstruktiv zusammenarbeiten. Beispielhaft undklangvoll verkörpert dies der große Projektchor unter der Leitung von GregorKnop, der sich anlässlich des ersten OpernAir 2014 (damals im Stadtpark)formiert hatte und vor allem aus Ensemblemitgliedern des Kammerchors SanktGeorg besteht. Hinzu kommen weitere Stimmen aus dem Oratorienchor, demKonzertchor ars musica und dem Kammerchor Cantemus. Mit knapp einhundertSängerinnen und Sängern war der hintere Bühnenteil an diesem mildenSamstagabend dicht besetzt. Im Vordergrund bildete das Collegium MusicumBergstraße mit 50 Musikern unter der Leitung von Kushtrim Gashi eineinstrumentale Macht auf der XXL-Bühne vor dem Herrenhaus. Die hochqualifizierten Laienmusiker bewiesen einmal mehr viel Spielfreude, technische Klasseund eine kultivierte Klangsprache – wobei eine starke, aber dennochdifferenzierte und transparente akustische Präsenz bei einem Open-Air-Konzertin einer dermaßen weiten Natur-Arena durchaus eine orchestrale Herausforderungdarstellt...
Moderiert wurde der Abend von der BensheimerSängerin, Schauspielerin und Dirigentin Cosima Seitz, die das Programm ingewohnt charmanter Weise dem Publikum präsentierte: informativ, aber nichtgeschwätzig. Leicht, aber nicht oberflächlich. Und hoch kompetent, ohne auchnur annähernd belehrend zu sein...
Als Solisten gastierten Martina Unruh (Sopran),Christopher Jähnig (Bass) und Thomas Heyer(Tenor) in Auerbach, wo das Publikumzunächst drei Werke von Richard Wagner aus „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ erlebte.Thomas Heyer füllte mit seiner Stimme die Herrenwiese bis zum letzten Grashalmaus. Lediglich im mittleren Abschnitt – auf halber Strecke zwischen Bühne undFreundschaftstempel – musste sich die Akustik sukzessive der Landschaftgeschlagen geben. Auch Marina Unruh, die regelmäßig Meisterkurse mit Heyeranbietet, bezauberte mit ihrem präzisen, farbigen und transparenten Sopran beider Arie der Elisabeth aus „Tannhäuser“ („Dich, teure Halle, grüß ich wieder“).Gemeint ist die Halle der Minnesänger in der Wartburg, wo gerade einSängerkrieg tobt...
Im Staatspark ging es indes friedlich weiterRichtung Pause: Christopher Jähnig intonierte die Sarastro-Arie „In diesenheil’gen Hallen“ aus Mozarts „Die Zauberflöte“, wo man eher die Liebe als dieRache predigt und dem Feind gnädig vergibt...
Im zweiten Teil setzten sich die Arien, Chöre undDuette dann etwas kürzer getaktet fort – der Fokus aber blieb auf populärenMelodien, diesmal vor allem aus italienischer Feder: Puccinis „Tosca“-Arie undder Chor „La Zingarella“ aus „Il Trovatore“ aus Verdis dramatischerTroubadour-Story sorgten für prickelnde Atmosphäre auf den Picknickdecken.Teilweise wurde sogar mitgesungen. Die Ouvertüre von Bizets „Carmen“ führtezunächst allerdings nach Sevilla, bevor der Jägerchor aus Franz SchubertsSchauspiel „Rosamunde“ über die Fürstin von Zypern mit den Zeilen „Wie lebtsich’s so fröhlich im Grünen“ beinahe schon das Motto des Abends definierte.Nach dem Duett und Chor aus „La Traviata“ wurden alle Mitwirkenden auf derBühne stürmisch gefeiert. Als Zugabe servierten Chor und Orchester noch denGefangenenchor („Va, pensiero“) aus „Nabucco“ – einer der berühmtestenVerdi-Chöre überhaupt. Eine sehnsuchtsvolle, etwas pathetische Melodie, dieHeimat als Identifikationsort des Menschen beschwörend. Ebenfalls nicht geradeunpassend an diesem klangvollen Samstagabend im Herzen des Fürstenlagers.(T.Tritsch)